Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Versmold

Orgeln und Evangelisten

Wann die erste Orgel in die Petri-Kirche kam, wissen wir nicht. Und auch nicht, was für ein Instrument das war. Sicher ist, dass 1857 die Vorgängerin der jetzigen Orgel eingeweiht wurde. Und dass deren Vorgängerin aus dem 18. Jahrhundert stammte.

Aber wie sah die Orgel aus, die bis 1642 vom Küster "geschlagen" wurde (hierzu mehr)? Und deren Spiel in jenem Jahr der neue Lehrer übernahm, der nun zugleich Kantor und Orgelspieler war. War es ein Instrument, ähnlich wie es auf der rechts abgebildeten Tafel des Genter Altars gezeigt wird? Ein einfaches Orgelpositiv ohne Pedal, das mit einem einzigen Manual gespielt wurde?

Die Tafel des Genter Altars zeigt musizierende Engel. Einer spielt auf einem Orgelpositiv, wie es im 15. Jahrhundert in Gebrauch war. Darunter wird der 150. Psalm zitiert: "Laudate eum in cordis et organo". Zu deutsch: Lobt ihn mit Saiten und Pfeifen!

Jan/Hubert van Eyck, Tafel aus dem Genter Altar (1432/35)

Jesus und drei Evangelisten

Von der vermutlich zweiten Orgel wissen wir ebenfalls nur wenig. Der Historiker Leopold von Ledebur berichtete 1825, dass sie samt dem zugehörigen Steinaltar aus dem 18. Jahrhundert stamme. Sie war kleiner als die dritte Orgel, da für diese die Orgelempore vergrößert werden musste. Bis heute erinnern einige bemerkenswerte Überreste an diese Orgel und ihren Altar in der Petri-Kirche.

Als im Jahr 2000 das Gewölbe saniert wurde, fand man vier hölzerne Skulpturen: einen Christus und drei Evangelisten. Ihr Alter wurde auf gut 300 Jahre geschätzt. Sie waren unterschiedlich angegriffen. Die Figur des Markus blieb verschollen.

Die Skizze auf der linken Seite (sie wird beim Anklicken vergrößert) wurde vom Prospekt der 2. Orgel angefertigt, bevor sie abgerissen wurde. Dort kann man die Figuren entdecken: Christus ganz oben, darunter Matthäus und Markus. Lukas und Johannes erkennt man an Stier und Adler. Sie stehen auf der Höhe der Emporenbalustrade und rahmen ein Altarbild vom Heiligen Abendmahl.

Nimmt man die Schnittmenge aus dem vermuteten Alter der Skulpturen und der Orgel, ergibt sich etwa das Entstehungsjahr 1700. Als Teile des Orgelprospekts waren die Figuren das Gegenstück zur barocken Kanzel, deren Gestaltung dann auf den Altar bezogen wäre. Nach ihrer Wiederentdeckung wurden die Skulpturen in Verbindung mit Versmolds polnischer Partnerstadt Dobczyce in Krakau restauriert und schmücken heute die nördliche Innenwand der Petri-Kirche.

Die Meier-Orgel von 1858

Die neue und größere Orgel wurde von dem gebürtigen Versmolder Orgelbauer Meier errichtet, dessen erstes Werk sie war. Aufgrund ihres Formats musste die Orgelbühne vergrößert werden. Zum Weihnachtsfest 1857 wurde sie mit einem Manual provisorisch eingeweiht. An Ostern 1858 war sie komplett und konnte in Dienst genommen werden.

Nach Meiers Entwurf hatte die Orgel 12 Register im Manual, 8 im Positiv und 5 im Pedal.

Die Steinmann-Orgel von 1961

Die Umgestaltung der Kirche von 1960/61 hatte auch für die Kirchenmusik einschneidende Konsequenzen. Der Ort der Orgel war nun nicht mehr im Altarraum, sondern auf der Westempore, dem Altarraum gegenüber. Hier wurde eine neue Orgel durch den Orgelbauer Steinmann aus Vlotho errichtet – nicht verwandt mit dem damals neuen Kantor Otto Steinmann.

Am 1. Advent 1961 wurde die neue Orgel eingeweiht. Ihre 23 Register und 1.600 Pfeifen sind zum Teil auch in einem Rückpositiv untergebracht, das in die Brüstung der Empore integriert ist. Die Pfeifen bestehen entweder aus Holz oder zu 70% aus Zinn, der Prospekt aus gelacktem Eichenholz. Ihre Klangfarbe lehnt sich an alte Vorbilder an und ist besonders auf die Kirchenmusik des 17. und 18. Jahrhunderts ausgerichtet.

Die Truhenorgel

Seit 2013 ergänzt eine mobile Truhenorgel die große Orgel. Sie hat ihren Ort am Altarraum und beeindruckt durch ihren vollen und präzisen Klang. Sie umfasst vier Register und wurde von dem namhaften Orgelbauer Harm Dieder Kirschner aus dem ostfriesischen Weener hergestellt.

In Gottesdiensten und bei Konzerten wird das neue Instrument vielseitig eingesetzt. Bemerkenswert ist auch die filigrane Gestaltung des Eichenkorpus.