Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Versmold

Glocken

Vier Glocken hängen im Turm der Petri-Kirche. Drei davon im Glockengeschoss, um das der Turm bei der Erweiterung von 1550 aufgestockt wurde. Die vierte Glocke hängt im Dachreiter, seit dieser auf dem Satteldach des Turmes errichtet wurde. Drei dieser Glocken sind Stahlglocken des 20. Jahrhunderts. Eine hat eine längere Geschichte. Die drei Stahlglocken ersetzen drei verlorene Glocken, die früher das Geläut der Petri-Kirche bildeten.

Die vornehmste Aufgabe der Glocken ist, zum Gottesdienst und zum Gebet zu rufen. An den Sonntagsgottesdienst erinnern sie dreimal: mit dem Vorabendläuten um 19 Uhr, mit dem Frühläuten um 8 Uhr und mit dem vollen Geläut eine Viertelstunde vor dem Beginn des Gottesdienstes. Zum Gebet rufen sie täglich doppelt: zum mittäglichen Dank für die Speise durch das Kleppen um 12 Uhr (3 schnelle Schläge nach dem Stundenschlag) und zum Abendgebet mit dem Läuten um 19 Uhr. An Tagen, wenn ein verstorbenes Gemeindeglied beigesetzt wird, läutet die große Glocke um 11.30 Uhr.

Außerdem sagen die Glocken die Zeit an: mit dem viertelstündlichen Schlag der kleinsten Glocke und mit dem Stundenschlag zur vollen Stunde. Hier sehen Sie einen Film des Geläuts.

Lünincksche Glocke

Die älteste bekannte und zugleich kleinste Glocke der Petri-Kirche war die so genannte Lünincksche, benannt nach Franz Lüninck, dem Besitzer des Wittensteiner Hofes. 1550 war die Aufstockung des Turmes um das Glockengeschoss abgeschlossen. Anlässlich seiner Hochzeit stiftete Lüninck die erste Glocke die aus Bronze gefertigt war. Neben dem Kruzifix trug sie daher die Wappen von Lüninck und seiner Frau sowie die Aufschrift Soli deo Gloria ("Allein Gott die Ehre").

Als die beiden größeren Glocken hinzukamen, wanderte die Lünincksche in einen kleinen Dachreiter auf dem First des Turmdachs. Bei der Turmerneuerung 1904 fand sie in der neuen Turmspitze ein würdiges Zuhause. Im Zweiten Weltkrieg sollte sie auf dem Glockenfriedhof in Lünen ihre letzte Ruhe finden. Jedoch wurde sie dort gestohlen und gilt seither als verschollen.

Kleine Stundenglocke

Aus der Inschrift der Glocke kann ihr Entstehungsjahr erschlossen werden. Johann Arnold Scheve war von 1638 bis 1667 der Erste Pfarrer an der Petri-Kirche. Da er allein genannt wird, muss die Glocke in dem Jahr angeschafft worden sein, als er keinen Zweiten Pfarrer neben sich hatte. Im Jahr 1667 war sein Amtsbruder wegen Ehebruchs amtsenthoben worden und die zweite Pfarrstelle eine zeitlang unbesetzt. Die Glocke dürfte also im Jahr 1667 in den Turm der Petri-Kirche gekommen sein.

Lange Zeit wurde mit ihr die Stunde geschlagen. Die noch kleinere Lünincksche Glocke zeigte dagegen die Viertelstunden an. Die Glocke war auf fis gestimmt und ist heute ebenfalls verloren.

Große Glocke

1717 wurde die größte Glocke gegossen. Damals wog sie stattliche 2437 Pfund. Am Heiligen Abend 1849 barst sie bei einem Begräbnisläuten. Im Folgejahr wurde sie neu gegossen und auf dis gestimmt. Seitdem wog sie sogar 3131 Pfund. Als größte Glocke war sie zuständig für das Totengeläut und trug die Aufschrift: "Folge freudig meinem Klange, wenn er dich zur Andacht ruft; bald begleitet er zur Gruft dich auf deinem letzten Gange."

Im Ersten Weltkrieg wurde die Totenglocke abgenommen und ihr Material zum Waffenbau genutzt. Es heißt, der Klang beim Zerschlagen habe wie eine Wehklage über der Stadt gelegen.

Friedensglocke

Seit wann die mittlere Glocke das Geläut vervollständigte, wissen wir nicht. Überliefert ist, dass sie zu Beginn des Jahres 1766 geborsten war. Bei Meister Fricke in Gütersloh wurde sie im selben Jahr neu gegossen und auf f gestimmt.

Den Frieden trägt sie aber nicht nur wegen ihrer Tonart im Namen. 1766 lag der Siebenjährige Krieg erst drei Jahre zurück. Preußen, zu dem Versmold nun schon seit etwa 150 Jahren gehörte, hatte die Annexion Schlesiens verteidigt und war zur europäischen Großmacht geworden. An das Ende dieses Krieges erinnert auch die Inschrift der Glocke.

Im Zweiten Weltkrieg musste auch sie abgegeben werden. Das Foto zeigt sie auf dem Lünener Glockenfriedhof. 1948 kam sie jedoch unversehrt zurück – wiederum drei Jahre nach einem noch verheerenderen Krieg. Heute ist sie die einzige historische Bronzeglocke der Petri-Kirche und hängt oberhalb der beiden Stahlglocken. Ein Hammer schlägt auf ihr die Stunde.

Zwei Stahlgussglocken

1921 beschloss das Presbyterium, die Zahl der Glocken wieder auf vier zu vervollständigen. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Anschaffung neuer Bronzeglocken jedoch nicht zu finanzieren. Man bestellte daher zwei Stahlglocken in den Tonarten h und d beim Lauchhammer-Werk in Torgau.

Allein die große Glocke wiegt 80 Zentner. Es musste deshalb ein neuer Glockenstuhl errichtet werden, nun mit elektrischem Läutwerk. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurden 1922 die Glocken mit einem Flaschenzug auf den Turm gezogen.

Viertelstundenglocke

Eine kleine Stahlglocke ersetzt heute die verlorene Lünincksche Glocke. Wie diese hat sie ihren Ort in der Turmspitze. Sie schlägt die Zahl der seit der letzten vollen Stunde vergangenen Viertelstunden. Somit leistet sie ganz praktisch gemeinsam mit dem Stundenschlag der Friedensglocke die "Zeitansage" für Versmold.